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Aktuelles aus der Pflegebranche

Diese Seite liegt uns sehr am Herzen, sie soll aufzeigen, was die Pflegebranche bewegt und wie die Kostenträger mit uns als Leistungserbringer agieren.

Ambulante Pflege steckt in der Krise 
Die SPD-Opposition wirft der NRW-Landesregierung Geiz bei der Förderung vor
Quelle WAZ 31.12.2024 von Mathias Korfmann

Düsseldorf
Kurz vor dem 30-jährigen Bestehen der Pflegeversicherung warnt die Opposition im Landtag vor einer Schieflage in der ambulanten Pflege in Nordrhein-Westfalen. Während die rund 3400 Anbieter ambulanter Pflegeleistungen unter Kostensteigerungen litten, habe das Land die Investitionsförderung für diese Dienste seit ihrer Einführung im Jahr 1996 nicht mehr erhöht. "Diese Förderung stagniert bei 2,15 Euro pro Leistungsstunde, obwohl die Inflation in diesem Zeitraum bei 70 Prozent lag", sagte SPD-Gesundheitsexperte Thorsten Klute am Montag. "NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann macht sich an dieser Stelle einen schlanken Fuß und ruht sich was aus auf den Leistungen, die vor 30 Jahren eingeführt wurden."

Mit der Investitionsförderung des Landes können ambulante Pflegedienste zum Beispiel in ihre Gebäude investieren, Geräte anschaffen und ihre Fahrzeuge finanzieren. Stationäre wie ambulante Pflegedienste stehen finanziell seit vielen Jahren unter Druck. Von den Insolvenzen im Jahr 2023 in NRW betragen nach Angaben der Landesregierung 48 die vollstationäre Pflege, 30 die teilstationäre Pflege, 47 ambulante Dienste und fünf Kurzzeitpflege. Im ersten Halbjahr 2024 meldeten 20 Pflegeheime und ambulante Dienste eine Insolvenz an.

Das NRW-Gesundheitsministerium wies die Vorwürfe der SPD am Montag zurück. "Das Gesamtvolumen der weitergeführten pauschalen Investitionskostenförderung ambulanter Dienste ist von rund 62,5 Millionen Euro im Jahr 2014 auf rund 90 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen", sagte ein Sprecher auf Nachfrage dieser Redaktion. In keinem anderem Bundesland gebe es eine so umfangreiche Investitionsförderung für ambulante Dienste.

Allerdings sei es wegen der steigenden Zahl der Pflegebedürftigen zwingend notwendig, die Pflege auf Bundesebene zu stärken. "Da die aktuelle Bundesregierung keine nachweisbaren Verbesserungen erreichen konnte, muss die nächste Bundesregierung hier schleunigst handeln und gerade der häuslichen Pflege den Rücken stärken", so der Sprecher. Es sei dringend erforderlich, den undurchsichtigen "Leistungsdschungel" in der Pflege zu lichten, damit Leistungen auch bei denen ankämen, die sie benötigten.

Laut SPD-Landtagsfraktion steigt die Zahl der Pflegebedürftigen in NRW rasant an: Zwischen 2021 und 2023 habe dieser Anstieg mehr als 16 Prozent betragen, während die ambulanten Dienste in dieser Zeit nur 2,1 Prozent mehr Menschen betreut hätten. In NRW gebe es heute 1,4 Millionen Menschen mit Pflegestufe und zwei Millionen pflegende Angehörige. Die pflegenden Angehörigen - mehrheitlich Frauen - arbeiteten im Schnitt 49 Stunden in der Woche. 

Die Fraktion beruft sich auf Daten des Statistischen Bundesamtes.

Niedersachsen. Ambulante Pflege - HKP-Vergütungsverhandlung: GKV blockt angemessene Vergütungserhöhung - Refinanzierung der Personalkosten gefährdet (Quelle: Facebook / Zeitschrift Häusliche Pflege - Pflegedienste besser managen - Tegetemeier - Pflegeconsulting vom 01. Dezember 2024) - Lesezeit ca: 3 Minuten

Alljährlich verhandeln Leistungserbringerverbände und Kostenträger die Vergütung für die häusliche Krankenpflege. Aber wieder einmal stellen sich Kostenträger die quer.

Ein zentrales Thema in diesen Verhandlungen sind die Lohnerhöhungen, die durch das regional übliche Entlohnungsniveau (RüE) ab 01.01.2025 vorgegeben sind. In Niedersachsen steigen die Löhne und Gehälter für Pflegekräfte im Kalenderjahr 2025 um rund 10 %.

Im Gegensatz erklärt die GKV,  dass für sie eine Vergütungserhöhung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege oberhalb der Grundlohnsummensteigerung nicht in Frage komme. Damit ergäbe sich für Leistungen der häuslichen Krankenpflege eine Steigerung von max. ca. 4 %, die nicht annähernd ausreicht, um die tatsächliche Steigerung der Personalkosten zu decken.

Diese unzureichende Refinanzierung hat direkte Auswirkungen auf die Qualität und Verfügbarkeit von Pflegeleistungen. Eine Umfrage unter ambulanten Pflegediensten in Niedersachsen ergab, dass sich bereits jetzt ein Großteil der Pflegedienste mit einer deutlichen Unterfinanzierung konfrontiert sehen. Die Situation wird weiter verschärft durch den Druck auf das Personal. Pflegekräfte berichten von einem enormen Zeitmangel, der es ihnen kaum ermöglicht, ihre Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.

Die aktuelle Lage ist nicht nur kritisch sondern auch skandalös.

Wieder einmal sind es die Kostenträger, die sich die Welt machen, wie sie ihnen gefällt. Orientieren sich an der Summe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der Sozialversicherung, anstelle an den tatsächlichen Kosten, die ihren Leistungserbringern entstehen.

Handlungsbedarf ist dringend und erfordert sofortige Maßnahmen.

Es ist nun entscheidend, dass die GKV ihre Verhandlungsposition unbedingt überdenkt und bereit ist, angemessene Vergütungserhöhungen zu akzeptieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass Pflegedienste in Niedersachsen nicht nur überleben, sondern auch weiterhin die geforderten, qualitativ wertigen Pflegeleistungen anbieten können.

Die Politik muss aktiv werden und die Kostenträger dazu bewegen, die nachhaltige Refinanzierung von Löhnen und Gehältern sicherzustellen.

Pflegetag: Hunderte ambulante Pflegedienste geschlossen
(Quelle: Ärzteblatt, Donnerstag, den 07. November 2024) - Lesezeit ca: 1 Minute

Berlin - Der Deutsche Pflegetag beklagt die Schließung Hunderter ambulanter Pflegdienste seit dem vergangenen Jahr. Angesichts des deutlichen Anstieges an Pflegebedürftigen in den kommenden Jahren sei dies ein riesiges Problem, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Pflegetags, Jürgen Graalmann, heute zur Eröffnung des diesjährigen Treffen der Pflegebranche in Berlin.

Insbesondere Liquiditätsengpässe brächten die Pflegedienste an ihre Grenzen. Hier brauche es dringend politisches Handeln, um die ambulante Pflege zu sichern. Umso mehr sei das Aus der Ampelregierung "katastrophal" für die Pflege, so Graalmann weiter. Derzeit sind in Deutschland rund fünf Millionen Menschen pflegebedürftig, perspektivisch dürfte diese Zahl in den kommenden drei Jahrzehnten auf 7,5 Millionen ansteigen.

Die Präsidenten des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, warnte davor, das geplante Pflegekompetenzgesetz angesichts der Regierungskrise nicht weiter voranzutreiben. Gegen den Fachkräftemangel brauche es eine neue Verteilung der Kompetenzen in der Gesundheitsversorgung, so Vogler.

Pflege müsse attraktiver werden. Dazu gehören auch einheitliche und bundesweit durchgängige Karrierewege und Qualitätskriterien in der Pflegeassistenz. Grundsätzlich brauche es eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Finanzierung der Pflege, so Vogler "Was ist uns die Pflegewert?".


Viele Pflegeeinrichtungen schließen oder melden Insolvenz an
(Quelle: Ärzteblatt, von Donnerstag, den 05. September 2024) - Lesezeit ca: 1 Minute

Düsseldorf / Berlin - Obwohl in der alternden Gesellschaft mehr Pflegeangebote benötigt werden, schließen nach einer neuen Statistik immer mehr Anbieter oder müssen ihr Angebot verringern.

Bis Juli habe in diesem Jahr jeden Tag mindestens eine Pflegeeinrichtung geschlossen oder Insolvenz angemeldet. Das geht aus einer Auswertung des Arbeitgeberverbandes Pflege hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

"Das ist nicht weniger als eine bundesweite Versorgungskrise", sagte Verbands-Präsident Thomas Greiner. Besonders betroffen seien Einrichtungen im Westen und Norden Deutschlands.​Insgesamt gab es laut Statistik von Januar 2023 bis Juli 2024 über 1000 Schließungen, Insolvenzen oder Angebotsreduzierungen wie Kündigungen von Verträgen oder Aufnahmestopps bei ambulanten Diensten.

Über 1000 Insolvenzen und Schließungen seit Anfang 2023
(Quelle: Häusliche Pflege besser managen - 05.09.2024)

Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) hat über 1000 Insolvenz- und Schließungsfälle bei Pflegeeinrichtungen seit Anfang 2023 dokumentiert. Eine aktuelle Karte zeigt, dass alle Bundesländer und Versorgungsbereiche betroffen sind.

Mit Stand 31. Juli 2024 waren seit Beginn des letzten Jahres 1097 Pflegeangebote von Insolvenz, Schließung oder anderen öffentlich bekannten Angebotseinschränkungen betroffen, so der AGVP in einer Pressemitteilung. "Die Insolvenzen und Schließungen sind lediglich die Spitze des Eisbergs namens Versorgungskrise", warnt der Verband.

"Pflegedienste müssen Anfragen ablehnen oder kündigen Verträge, die Wartelisten für einen Platz im Pflegeheim werden immer länger. Die Kassen und Bundesländer kommen ihrer gesetzlichen Pflicht nicht nach, die Versorgung der alten Menschen sicherzustellen - die Versorgungskrise geht auf auch ihr Konto. Und bei allem steigen die Kassenbeiträge trotz schwindelnder Versorgung. Lauterbachs Irrweg muss gestoppt werden", meint AGVP-Präsident Thomas Greiner.

"Wir fordern Strafzinsen für säumige Kostenträger und eine verlässliche Politik, die stabile Rahmenbedingungen für Pflegeeinrichtungen garantiert", so Greiner weiter. "Künftig muss klar sein, wie Einrichtungen mit guter Pflege auch finanzielle Überschüsse erzielen. Für die alten Menschen und ihre Angehörigen fordern wir umfassende Schadensersatzansprüche gegenüber den Kostenträgern und einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz.

Insolvenzen und Schließungen ambulant

Der Verband geht von einer verstärkten Untererfassung im ambulanten Bereich aus, da hierzu seltener berichtet werde. "Das gilt insbesondere für Schließung infolge einer Insolvenz. Wird ein ambulanter Dienst als Teil einer Insolvenz geschlossen, so wird dieser Dienst aus der Zahl der Insolvenzen abgezogen und den Schließungen zugeschlagen. Aufgrund mangelnder Berichterstattung ist hier, trotz einer im Jahr 2024 im Vergleich mit 2023 Quellenbasis, von einer Untererfassung auszugehen", so der AGVP.

Interaktive Deutschlandkarte des AGVP

Auch Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide äußerte sich dazu: "Die jüngsten Meldungen von rund 1.000 Insolvenzen bei Pflegeeinrichtungen ist ein Weckruf. Zentrale Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Lage sind der Fachkräftemangel, hohe Kosten und schleppende Zahlungen der Kasse und Sozialhilfeträger. Wir brauchen sofortige Hilfen und und Anpassungen in der Pflegefinanzierung, damit nicht noch mehr Pflegeeinrichtungen schließen müssen. Die Politik muss jetzt handeln. Zahlungsverzögerungen der Kostenträger, steigende Kosten und der Mangel an Pflegekräften belasten alle Pflegeeinrichtungen. Nur mit schnellen Reformen und bessere Unterstützung kann den Pflegebedürftigen geholfen werden.

Pflegedienste in Not - Vier Minuten für die Strümpfe
(Quelle: TAZ vom 06.05.2024) - Lesezeit ca: 10 min

Weil die Krankenkassen die gestiegenen Kosten nicht übernehmen, machen viele Pflegedienste Verluste. Auf dem Land haben sie es besonders schwer.

Als Nadine Berger* in das Schlafzimmer von Edith Oltmann* kommt, blättert  sie zunächst in einem Ordner, der auf einer Anrichte neben  Einmalhandschuhen, Körperlotion und anderen Pflegeprodukten liegt. Jakob Oltmann*, der Ehemann der 97-Jährigen, ist ein bisschen abgelenkt.  „Holst du mir Wasser und Waschlappen?“, sagt Nadine Berger zu ihm. Einen Moment später kommt Oltmann mit einer Plastikwanne voller Wasser und  einem Waschlappen wieder.

Jakob Oltmann ist 87 Jahre alt und pflegt seine Frau zu Hause. Unterstützt wird er dabei von dem ambulanten Pflegedienst, bei dem Nadine Berger als Springerin arbeitet. Berger war schon eine Weile nicht mehr bei der alten Frau. Deswegen liest sie kurz in den Berichten nach, was ihre Kol­le­g*in­nen aufgeschrieben haben.

Das geht natürlich von der Zeit ab, die die Pflegerin für die Versorgung zur Verfügung hat. „Ich seh den Zeitplan nicht so verbissen“, sagt sie. Genau 23 Minuten hat sie für die sogenannte Grundpflege. Weitere fünf Minuten kommen für die Inkontinenzversorgung dazu.

„Machste einmal dein Gesicht“, sagt Nadine Berger zu Edith Oltmann und gibt ihr  den feuchten Waschlappen. „Und an die Ohren denken.“ Die alte Frau  wischt sich Gesicht und Ohren ab. Die drei kennen sich schon länger,  Berger hat lange im selben kleinen Ort in der Lüneburger Heide gelebt.  Sie tippt an den Haltegriff über dem Kopf der Frau. Diese ergreift den  Griff und stemmt sich selbst hoch, so dass Berger jetzt auch ihren Oberkörper waschen kann.

Rund 1.400 ambulante Pflegedienste gab es nach der letzten aktuellen Erhebung von 2021 in Niedersachsen. Bundesweit waren es rund 15.400. Ihre Situation ist prekär: Im Jahr 2023 mussten laut dem Landesamt für Statistik in Niedersachsen 16 Pflegedienste Insolvenz anmelden. Das sind doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Das Portal Pflegemarkt.com zählt für 2023 bundesweit 374 geschlossene Pflegedienste, die zuvor 19.356 Pa­ti­en­t*in­nen versorgten.

Grund für die schwierige Lage ist das Tariftreuegesetz, das seit September  2022 bundesweit in der Pflege gilt. Seither müssen Pflegekräfte nach  Tarifverträgen oder angelehnt an Tarifverträge bezahlt werden, dadurch haben sich die Lohnkosten erhöht.

Pflegekräfte dringend gesucht

Die Idee der Reform war es, dringend benötigte Pflegekräfte im Beruf zu  halten und neue zu gewinnen. „Wir haben uns entschieden, uns an den  Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst anzulehnen. Wir haben das auch  gern gemacht“, sagt Nikolaus Lemberg. Der 48-Jährige ist seit 18 Jahren  Geschäftsführer bei der Interessengemeinschaft Salzhausen, dem  Pflegedienst, bei dem Nadine Berger arbeitet.

Durch die Tariftreueregelung sind die Personalkosten um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Die Pflegekassen zahlen aber nur 16 Prozent mehr, obwohl sie laut Gesetz die gestiegenen Lohnkosten eigentlich refinanzieren sollen. Dass das nicht auf Dauer funktionieren kann, ist klar. „Es ist schwer die Struktur in eine stabile Zukunft zu bringen“, sagt Lemberg.

Wenn Pflegedienste wegfallen, heißt das oft, dass Angehörige die Pflege  stemmen müssen oder Menschen früher als nötig in ein Heim ziehen. Es  kommt auch vor, dass Menschen schlicht unterversorgt werden, oder  alltägliche Aufgaben wie Wundversorgung an Hausarztpraxen hängenbleiben.

Seit das Tariftreuegesetz in Kraft getreten ist, schreibt auch die Interessengemeinschaft Salzhausen rote Zahlen. Im Jahr 2022 betrug der Verlust für den Verein gut 42.300 Euro. Für das Jahr 2023 geht der Geschäftsführer von einem Verlust von rund 65.600 Euro aus. Wie schafft es der Pflegedienst, trotzdem weiterzumachen? Und wie geht er damit um, dass sich nichts zu ändern scheint?

Imke Burmester sitzt in einem kleinen Büro in der Geschäftsstelle der Interessengemeinschaft. Ein weißer Hund liegt unter ihrem Schreibtisch.  Burmester ist Verwaltungsmitarbeiterin des Vereins. Gerade prüft sie die Leistungsnachweise, also die Tabellen, in denen die Pfle­ge­r*in­nen  eintragen, welche Leistungen sie bei den Kun­d*in­nen erbracht haben.

Blatt für Blatt und Stapel für Stapel kontrolliert sie, ob alle nötigen  Kürzel ihrer Kol­le­g*in­nen da sind. Anschließend meldet sie die  erbrachten Leistungen an die Pflege- und Krankenkassen weiter. „Die  Kassen sind so kleinlich, unfassbar“, sagt Burmester. Sie würden jedes  fehlende Kürzel sofort finden. Die Pleiten von Pflegediensten in der  Region findet sie „beängstigend“. „Wo soll das noch hinführen?“    

Die Interessengemeinschaft Salzhausen bietet außer ambulanter Pflege nicht nur Demenzkurse und Kaffee­nachmittage für Se­nio­r*in­nen an, sondern auch Kinderbetreuung und Schulassistenz. „Das rettet uns im Moment“ sagt Nikolaus Lemberg. Dass der Verein so breit aufgestellt ist und verschiedene Einnahmequellen hat, hilft ein wenig dabei, die erhöhten Kosten in der ambulanten Pflege abzufedern. „Viele, die nur ambulante Pflege gemacht haben, sind schon weg vom Fenster“, sagt Lemberg. „Wir sind ein gemeinnütziger Verein. Wir sind nicht darauf angewiesen, Gewinn zu machen, so wie privat geführte Betriebe.“

Auch die Rücklagen, die die Interessengemeinschaft in den letzten Jahren gebildet hat, helfen, sich über Wasser zu halten. Aber allein in den letzten zwei Jahren sind die um 100.000 Euro abgeschmolzen.

Stoppschild auf dem Autofenster

Nach dem Einsatz bei Familie Oltmann setzt Nadine Berger sich wieder in den  blauen Dienstwagen. Auf der Tür klebt das Logo der  Interessengemeinschaft: zwei ineinander gelegte Hände. Blau auf weißem  Hintergrund. In einem Rückfenster klebt ein aus Papier ausgeschnittenes  blaues Stoppschild mit der Aufschrift „Stopp – Pflege in Not“. Dazu ein  QR-Code. Auf der Landstraße geht es weiter zum nächsten Ort. Berger  fährt durch eine mit Birken gesäumte Allee. Rechts und links der Straße  liegen Felder.

Die Pflegedienste bekommen pro Einsatz in der Krankenpflege pauschal 6,42 Euro Fahrtkosten, egal ob es 10 bis 15 Minuten ins nächste Dorf geht oder nur zwei Straßen weiter. Das führt dazu, dass Pflegedienste manchmal Anfragen ablehnen müssen, weil sie sich einfach nicht rechnen, obwohl sie das eigentlich gar nicht dürfen. „Es entstehen weiße Flecken auf der Landkarte“, sagt Nikolaus Lemberg. Weiße Flecken, die von keinem Pflegedienst mehr erreicht werden.

Nach gut zehn Minuten Fahrt kommt Berger am Haus von Martha Hennig* an. Auf  dem Weg vom Auto zum Haus stellt sie auf ihrem Handy eine Stoppuhr an.  Sie macht das nicht immer, aber für die taz will sie dokumentieren, wie  lange so ein Besuch dauert. Hier hat sie den Auftrag, der Kundin dabei  zu helfen, die Kompressionsstrümpfe anzuziehen.

Hennig lacht viel und erzählt, Knie, Rücken und Hüfte seien „nicht besser“, während Berger mit ruhigen Handgriffen die Strümpfe anlegt. Das dauert ein paar Minuten, denn die Strümpfe müssen schön glatt anliegen. Die Haut darunter darf keine Falten werfen.

Währenddessen plaudern die beiden über Wassergymnastik und das Befinden von Hennigs Sohn. „Sitzt alles?“, fragt Berger noch. Kurz darauf ist sie schon wieder auf dem Weg zum Auto und stoppt die Uhr. Fünf Minuten und 18 Sekunden hat der Einsatz gedauert. Laut Plan hat sie eigentlich nur vier Minuten.

Wie lange die Pfle­ge­r*in­nen für welche Leistung brauchen dürfen, legen die Pflegedienste selbst fest. Die Zeit berechnet sich aus der Vergütung, die die Dienste pro Leistung bekommen. Wie viel eine Leistung wert ist, wird durch eine bestimmte Zahl anhand von Punkten festgelegt. Jedes Jahr wird der Punktwert – also die Menge an Geld, die ein Pflegedienst für einen Punkt bekommt – neu berechnet.

Mit dem Anlegen der Kompressionsstrümpfe bei Martha Hennig hat die Interessengemeinschaft 4,22 Euro verdient. Dazu kommt noch die Fahrtkostenpauschale. Weil der Einsatz so kurz, aber der Weg vergleichsweise lang ist, ist er laut Lemberg eigentlich ein Minusgeschäft für den Pflegedienst. „Das einzige Instrument, damit umzugehen, wäre die Versorgungszeiten zu kürzen“, sagt er. Aber „wir sind diese letzte Umdrehung nicht gegangen“.

Inzwischen ist es Mittagszeit. Nikolaus Lemberg tritt auf den Parkplatz vor dem Backsteingebäude, in dem die Geschäftsstelle der Interessengemeinschaft  sitzt. Er muss erst eines der vielen blauen Autos mit dem Vereinslogo  wegparken, die dort stehen, um an einen schwarzen Smart zu kommen. Ein  Elektroauto.

Im Auto erzählt Lemberg, dass die Interessengemeinschaft vor zwei Jahren entschieden hat, ihren Fuhrpark auf E-Autos umzustellen. Im April 2023 haben sie fünf E-Smarts bestellt, die sie mit Ökostrom aus der eigenen Photovoltaikanlage betreiben wollen. Damals sei noch nicht klar gewesen, dass die Zahlungen der Kassen die erhöhten Löhne nicht decken würden. Inzwischen wurden vier der Autos geliefert. Bald sollen auch die Ladesäulen auf dem Parkplatz installiert werden. Aber eigentlich sei jetzt kein Geld mehr da, um all das zu bezahlen, sagt Lemberg. Auch auf die Photovoltaikanlage werden sie erst einmal verzichten müssen. „Ein halbes Jahr später hätten wir die Entscheidung so nicht mehr getroffen.“

Zum Mittagessen fährt Lemberg zu einem mobilen Asia-Imbiss, der auf einem Edeka-Parkplatz steht. Lemberg tritt an den kleinen Imbisswagen heran und bestellt „Einmal wie immer bitte.“ Neben dem Wagen, gibt es einen Holztisch und ein paar Stühle, die durch Bambuspflanzen in großen schwarzen Plastikkübeln vom Rest des Parkplatzes abgeschirmt sind.

An diesen Tisch setzt sich Lemberg mit einem Teller Thai-Curry-Tofu. Während des Essens bekommt er einen Anruf auf dem Handy. Es ist eine Referentin des Leistungsträgerverbands, dem die Interessengemeinschaft Salzhausen angehört. Die Referentin hat angerufen um eine Frage zu beantworten, die Lemberg ihr zuvor gestellt hatte. Es stellt sich heraus, dass die Interessengemeinschaft die Angaben für Gehaltsklassen im Tarifvertrag falsch interpretiert hat. Wenn sie das ausbügeln, werden sie noch mehr Lohnkosten haben, sagt Lemberg.

Seit die finanzielle Situation für Pflegedienste immer schwieriger wurde und es immer mehr Insolvenzen gab, hat Nikolaus Lemberg versucht, einige andere Pflegedienste aus der Region, mit denen er bereits zuvor vernetzt war, zusammenzutrommeln, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Seit Mitte 2022 sind sie unter dem Slogan „Pflegestopp“ zusammen aufgetreten. Das Logo: das blaue Stoppschild, das noch immer in den Fenstern der Dienstwagen klebt.

Eine Zeit lang sind sie alle jeden Donnerstag um 12 Uhr hupend durch die Dörfer gefahren. Eine Protestaktion, die die Arbeit nicht unterbricht, aber trotzdem für Aufmerksamkeit sorgen soll. Sie sind auf die Kommunalpolitik zugegangen und waren in Sozialausschusssitzungen. Auch eine Demo in Lüneburg haben sie organisiert.

Proteste ohne Traktoren

Wenn Lemberg von den Aktionen der Initiative erzählt, hört es sich so an,  als läge das alles schon weit in der Vergangenheit. „Bedingt  erfolgreich“ nennt er die Arbeit in der Initiative. „Wenn ich heute mit  Leuten spreche, dann sagen die immer scherzhaft: Wir haben halt keine  Traktoren.“      

Die letzte größere Aktion von Pflegestopp war eine Diskussionsveranstaltung im Oktober 2023. Das In­teresse sei groß gewesen. Rund 200 Menschen kamen damals in ein Veranstaltungszentrum ins nahe Seevetal, um über die Situation der ambulanten Pflege zu sprechen. Aber seither sei keine Energie mehr da, in der Gruppe weiterzumachen, sagt Lemberg. Es sei ein riesiger Aufwand, so viele Leute zusammenzubringen, die oft schon genug zu tun und keine Zeit für Lobbyarbeit hätten. Hat er resigniert? „Ja, was die kollektive Seite angeht“, sagt Lemberg.

Der Pflegedienst plant in die Zukunft, obwohl es vielleicht gar keine Zukunft gibt

Im August letzten Jahres hat die Initiative einen offenen „Brandbrief“ an  Po­li­ti­ke­r*in­nen und Angehörige geschickt. „Die Pflegebetriebe in  ihrem Landkreis befinden sich in großer Sorge“, heißt es in dem Brief.  Es habe nur ganz wenige Reaktionen gegeben, sagt Lemberg. Der Brandbrief habe die Leute eher überfordert: „Wie kriegt man in diesem Feld so was  wie eine funktionierende Protestbewegung überhaupt hin?“

Gegen Nachmittag hat Nikolaus Lemberg nochmal einen Termin. Frau Reinken vom Naturpark Lüneburger Heide ist gekommen, um eine Plakette zu überreichen. Die Plakette ist ein weißes Plastikschild mit einem lindgrünen Rahmen. Auf der Plakette steht „Naturpark-Partner“, darunter eine stilisierte Heidschnucke: Das Logo des Naturparks Lüneburger Heide. Nikolaus Lemberg, seine Assistentin ­Astrid Prömm und Frau Reinken posieren mit der Plakette für ein gemeinsames Foto vor dem Haus.

Für den Status als Naturpark-Partner hat sich die Interessengemeinschaft selbst beworben. „Und es ist aufgegangen“, sagt Nikolaus Lemberg. Dafür mussten sie unter anderem „Maßnahmen für eine nachhaltige und umweltschonende Wirtschaftsweise“ nachweisen. Die Partnerschaft sei gut für die Außenwirkung. Und attraktiv für neue Mitarbeiter*innen, sagt Lemberg.

 Der Pflegedienst plant in die Zukunft, obwohl es vielleicht gar keine  Zukunft gibt – wenn sich an der Finanzierung seiner Arbeit nicht bald  etwas ändert.      

*Namen von der Redaktion geändert

Aus Personalmangel: Zwei Pflegedienste in Witten schließen          
Quelle: WAZ vom 17.01.2024, 10:06 Uhr Lesezeit: 5 Minuten      
Redakteurin: Annette Kreikenbohm

Witten. In Witten mussten ambulante Pflegedienste schließen und deren Patienten eine neue Versorgung finden. Doch der Bedarf an Plätzen steigt drastisch.

In Witten gibt es laut dem Portal „Pflegelotse“ rund 15 ambulante Pflegedienste. Mindestens zwei haben Ende vergangenen Jahres ihre Pforten geschlossen. Deren Patienten mussten möglichst schnell eine neue Versorgung finden. Dabei steigt der Bedarf an Plätzen insgesamt, während es für die Anbieter immer schwieriger wird, Personal zu finden - ein Teufelskreis. Die ambulanten Pflegedienste Honesta an der Ardeystraße in der Nähe des Marien-Hospitals sowie Cura Vita an der Ruhrstraße haben ihre Arbeit eingestellt - aufgrund von Personalengpässen, wie es heißt. 

Betroffene Patienten berichten, dass es nicht so einfach war, eine Alternative zu finden. Vor allem in den Randbezirken ist es offenbar schwierig. So bekam ein Angehöriger von einem Pflegedienst zu hören, dass dieser nicht von der Stadtmitte nach Stockum fahren würde, nur um Kompressionsstrümpfe an- und auszuziehen. Ein nahegelegener Dortmunder Dienst wollte nicht die Stadtgrenze überqueren.


„Bedarf in Witten ist sehr hoch“


Es komme natürlich immer auf die individuelle Situation des Patienten an. Wo wohnt er? Wie flexibel ist er mit den Uhrzeiten? Welche Pflege ist nötig? Aber: „Wir haben viele Kunden von Honesta, einem türkischen Anbieter, übernommen“, sagt Norma Spinnrath vom Pflegedienst Adamas, der von Stockum nach Heven umgezogen ist. Das seien plötzlich 25 bis 30 Patienten mehr - überwiegend türkische Mitbürger, die Sprachbarriere mache die Arbeit nicht leicher. Dabei betreut der relativ kleine Anbieter mit zwölf Beschäftigten schon 130 Menschen.

„Der Bedarf ist insgesamt sehr hoch“, sagt Geschäftsführerin und Pflegedienstleiterin Norma Spinnrath, die seit 44 Jahren Erfahrung in der Pflege hat. Manchmal müsse man absagen, vor allem, wenn es um hauswirtschaftliche Tätigkeiten geht. Aber wenn jemand wirklich dringend versorgt werden muss, „dann fahren halt zur Not die Chefs mit raus, auch am Wochenende“. Man könne, sagt sie, „die Kunden doch nicht hängen lassen“. Mehr Personal einzustellen, sei ebenfalls schwierig: „Man findet ja keinen mehr, der in der Pflege arbeiten möchte.“

Von Personalproblemen können auch Thiemo Lamek und Dominik Wessel ein Lied singen. Die Geschäftsführer vom Mobilen Pflegeteam Witten machen aber vor allem steigende Kosten dafür verantwortlich. Auch ambulante Dienste müssen ihre Mitarbeitenden inzwischen nach Tarif bezahlen. „Das hat vielen kleinen Anbietern das Genick gebrochen“, vermuten die Geschäftsführer.

Auch beim Mobilen Pflegeteam - einem der größten Anbieter in Witten - hätten viele ehemalige Patienten der geschlossenen Dienste angefragt. „Wir haben einige übernommen.“ Zum Team gehören 100 Beschäftigte, die rund 700 Menschen betreuen. Inzwischen haben Wessel und Lamek einen dritten Standort eröffnet: Neben Annen und Herdecke sind sie seit 1. Januar an der Ardeystraße zu finden, in der ehemaligen Engel-Apotheke.

„Täglich kommen Anfragen“

Täglich würden sie zwei bis drei Anrufe potenzieller Kunden erreichen. Für den Bereich Hauswirtschaft und Betreuung seien es sogar drei bis fünf Anfragen. Der Bedarf sei massiv gestiegen, bestätigen auch sie. „Dann müssen wir gucken, was Priorität hat.“ Geht es nur darum, jemanden einmal in der Woche zu duschen? Oder ist eine medizinische Rundum-Versorgung nötig?

„Es ist eine Herausforderung.“ Die nicht geringer werde, betrachte man die über 1000 Gutachten pro Jahr, für die das Team extra drei Krankenschwestern abgestellt hat. Dabei geht es um die Einstufung jener, die ihren Alltag noch zuhause stemmen können. „Die aber unsere zukünftigen Patienten sind.“

Elisabeth Both, Pflegedienstleiterin des ambulanten Dienstes der Caritas, ist regelmäßig damit beschäftigt, Touren umzugestalten, um Fahrwege zu  optimieren. Etwa 40 Mitarbeitende betreuen um die 500 Menschen in ganz  Witten. Auch hier gebe es regelmäßig Anfragen, jedoch keinen  Aufnahmestopp. „Aber wenn sich sieben Interessenten melden, kann man  nicht innerhalb einer Woche einen Platz anbieten.“        

Both hat eine Zukunftsvision. Sie befürchtet zwar, dass es  irgendwann nur noch drei oder vier große Anbieter in der Stadt geben  werde. Doch dann könne man sich hoffentlich besser absprechen. Es mache ja keinen Sinn - was aber aktuell durchaus vorkommen könne - wenn  mehrere Pflegedienste zur gleichen Zeit in derselben Straße unterwegs  sind.

„Weniger Fahrzeit heißt: Mehr Zeit für den Patienten.“                               

Immer mehr ambulante Pflegedienste machen Verluste
(Quelle: Ärzteblatt Montag, den 13. November 2023) - Lesezeit ca: 3 Minuten

Bonn – Vielen Anbietern ambulanter Pflege steht das Wasser bis zum Hals. Erneut hat sich jetzt der Evange­li­sche Wohlfahrtsverband Diakonie zu Wort gemeldet. „Fast zwei Drittel der ambulanten Pflegedienste machen finanzielle Verluste", heißt es in einer vorgestern in Berlin veröffentlichten Erhebung des Sozialverbandes.

62 Prozent der Dienste erwarten für 2023 rote Zahlen, jeder zehnte Anbieter fürchtet in den kommenden bei­den Jahren das Aus. Etwa ein Drittel der ambulanten Pflegedienste hat der Umfrage unter 562 Trägern zufolge nur noch eine Liquiditätsreserve von maximal drei Monaten.

Alarm geschlagen hatte im Frühjahr auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). 77 Pro­zent gaben bei einer Verbands-Umfrage unter 2.427 ambulanten Pflegediensten, Heimen und Tagespflegen an, in den vergangenen drei Monaten „signifikante negative Veränderungen“ ihres Betriebsergebnisses festgestellt zu haben. 68 Prozent erklärten, dass ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sei.

Ein wenig gelassener sieht das der Branchendienst pflegemarkt.de – zumindest, was das vergangene Jahr angeht. 2022 verschwanden nach seinen Berechnungen durch Pleiten, Insolvenzen und Geschäftsaufgaben 600 Heime und ambulante Dienste vom Markt.

Auf der anderen Seite verzeichnete das Gründungsradar des Branchendienstes bis April 2023 150 neue Pfle­gedienste und 38 Neueröffnungen von Pflegeheimen mit 2.817 Plätzen. Gewisse Turbulenzen seien auf dem Pflegemarkt üblich, so die Einschätzung.

„Ambulante Pflegedienste sind eine unverzichtbare Säule unseres Gesundheitssystems“, sagt Diakonie-Sozial­vorständin Maria Loheide. Von den rund 4,9 Millionen Pflegebedürftigen werden 980.000 von ambulanten Pfle­gediensten betreut. Deren Zahl ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen – auf mehr als 15.300 mit rund 422.000 Beschäftigten.

Loheide sieht die Altenpflege auf dem Weg in eine „prekäre Situation“. Wer ambulante Pflege suche, müsse schon heute oft 15 bis 20 Dienste anfragen, um eine Zusage zu erhalten. Und der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, berichtet, dass es immer häufiger vorkomme, dass Pflegedienste binnen eines Tages fern blieben, weil gesetzliche Kündigungsregeln fehlten.

Pflegeexperten warnen seit Jahren, dass dieser zentrale Bereich des  deutschen Sozialstaats unterversorgt sei. Doch zuletzt hat sich die Lage deutlich zugespitzt. Die Gründe: Inflation und steigende Energie- und  Material-Preise. Darüber hinaus auch steigende Personalkosten, weil  Anbieter mittlerweile verpflichtet sind, Tariflöhne zu zahlen. Das ist  zwar gesellschaftlich erwünscht. Doch können Pflegedienste diese steigenden Kosten nicht einfach auf  die Preise aufschlagen. Sie müssten warten, bis die Pflegekassen höhere  Vergütungen beschließen – und das dauert. Erlöseinbrüche ergeben sich im übrigen auch durch Personalmangel: Weil Pflegekräfte fehlen, müssen die Leistungen zurückgefahren werden. Ein Teufelskreis.

Was ist zu tun? Loheide fordert Sofortmaßnahmen, darunter „eine bessere Zahlungsmoral der Kostenträger und die sofortige Berücksichtigung von Tarifsteigerungen sowie die Anpassung der Pflegesätze an die ge­stiegenen Kosten“. Pflegeverbände fordern außerdem, den Beruf attraktiver zu machen – unter anderem durch mehr Kompetenzen auch für ambulante Pflegekräfte bei der gesundheitlichen Versorgung.

Mit Blick auf den stark wachsenden Anteil älterer Menschen sind allerdings weitere Maßnahmen notwendig, um das Ziel zu erreichen, dass möglichst viele Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Dazu gehören, wie ein Konzept des bayerischen Gesundheitsministeriums betont, eine verbesserte Beratungsstruktur, der Einsatz digitaler Techniken sowie der Ausbau von Kurzzeit-, Tages-, Nachtpflegeplätzen und Begegnungsstätten. © kna/aerzteblatt.de

Existenzkrise bei Pflegediensten: Warum die Versorgung nun bedroht ist (Quelle: Frankfurter Rundschau, 11.11.2023)

Die ambulanten Pflegedienste stehen vor einer existenziellen Krise. Eine Umfrage der Diakonie offenbart alarmierende Zahlen. Eine Insolvenzwelle könnte bevorstehen.

Frankfurt - Die wirtschaftliche Situation der ambulanten Pflegedienste in Deutschland verschärft sich laut einer Befragung der Diakonie Deutschland. Laut dieser Umfrage bewerten 72,7 Prozent der befragten ambulanten Pflegediensten der Diakonie ihre finanzielle Lage als kritisch. 54 Prozent hätten bereits im Jahr 2022 ein Jahresdefizit verzeichnet. Für das Jahr 2023 rechnen 62 Prozent mit einem negativen Ergebnis, sodie Diakonie Deutschland. Zuletzt musste die Diakonie Passau aufgrund finanzieller Schwierigkeiten Insolvent anmelden.

Die Gründe für die Krise in der Pflege

Ungefähr ein Drittel der ambulanten Pflegedienste verfüge nur noch über eine Liquiditätsreserve von drei Monaten oder weniger, so das Ergebnis der Umfrage. Fast jeder zehnte Dienst betrachte seine Situation als so existenzbedrohend, das er möglicherweise in den nächsten zwei Jahren seine Türen schließen müsse. Ursachen hierfür seien der Mangel an Fachkräften, Zahlungsverzögerungen sowie signifikant gestiegene Kosten im Vergleich zur erhaltenen Vergütung.

Große Sorge bei Senioren in Essen - Pflege ist insolvent

Veröffentlicht: Donnerstag, 24.08.2023 15:16
(Quelle: Radio Essen)

In Essen-Stadtwald haben pflegebedürfte Bewohnerinnen und Bewohner gerade große Probleme. Sie wohnen in einem Haus an der Ahornstraße und wurden bis jetzt von einem Pflegeanbieter rund um die Uhr betreut. Der Pflegeanbieter ist jetzt aber insolvent. Deshalb wissen die Bewohnerinnen und Bewohner nicht wie es weitergeht.

In Essen sorgt insolventer Pflegeanbieter für große Probleme

Die EmpaVita GmbH in Essen ist insolvent. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen in einem Haus an der Ahornstraße direkt an der S-Bahn-Haltestelle Stadtwald Seniorinnen und Senioren. Teilweise sind die Menschen stark eingeschränkt und brauchen viel Hilfe, sagt die Tochter einer Bewohnerin im Gespräch mit Radio Essen. Ihre Mutter ist erst vor einem Jahr dort eingezogen und hat dadurch endlich wieder soziale Kontakte bekommen und ist regelrecht aufgeblüht, schildert die Tochter weiter. Jetzt ist sie traurig und verwirrt, weil sie nicht weiß, wie es mit ihr und den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern weiter geht. Die EmpaVita wird bis Ende September die Betreuung der Senioren übernehmen. Was danach passiert, ist im Moment komplett offen. Viele Bewohnerinnen und Bewohner befürchten, dass sie ausziehen müssen. Teilweise müssten sie in andere Pflegeheime umziehen. Das ist allerdings sehr schwierig, weil es keine freien Pflegeplätze gibt.

Pflegeanbieter in Essen sucht nach Lösungen

Der Geschäftsführer der EmpaVita GmbH Essen, Volker Neumann, teilt die Sorgen der Bewohnerinnen und Bewohner und bedauert, dass die Firma nicht weitermachen kann. Der Pflegedienst hatte im Juni Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Eine Sanierung ist aber nicht möglich, steht in einem Schreiben an die Bewohnerinnen und Bewohner. Hintergrund sind unter anderem jahrelange Streitigkeiten vor Gericht mit den Eigentümern der Wohnungen. Das Haus war von einem Projektentwickler als Renditeobjekt angelegt und deshalb wurden die Wohnungen an viele unterschiedliche Eigentümer verkauft. Die Stadt Essen geht von etwa 70 Eigentümern der Wohnungen aus. In etwa so viele Apartments gibt es dort auch. Das Problem in dem Gebäudekomplex ist der Brandschutz, erklärt der Geschäftsführer der EmpaVita auf Radio Essen-Nachfrage. Die Eigentümer sind nicht bereit, das Haus so zu sanieren, dass die Auflagen erfüllt werden können. Es gibt wohl bereits außen eine schmale Treppe aus Metall als Fluchtweg. Wie aber ältere Menschen, zum Beispiel mit einem Rollator, im Ernstfall darüber fliehen sollen, ist unklar.

Stadt Essen bietet Hilfe für Bewohner

In Essen will die EmpaVita versuchen, den Bewohnerinnen und Bewohnern zu helfen. Sie versucht andere Pflegedienste zu bekommen, die die Aufgaben übernehmen. Ob das gelingt, ist nicht klar. Die Stadt Essen bietet den Angehörigen der Bewohner ebenfalls Unterstützung an. Sie können sich bei der Pflegeberatung im Amt für Soziales und Wohnen zwischen 9 und 12:30 Uhr unter der Telefonnummer 88 50089 melden. Dort gibt es Informationen zur ambulanten Pflege. Die Stadt Essen ist außerdem im Gespräch mit dem Betreiber des Pflegedienstes EmpaVita. Sie geht davon aus, dass es keinen Ersatzpflegedienst geben wird. Es kann auch sein, dass einige Eigentümer ihre Wohnungen an andere Interessenten vermieten wollen.

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